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Von Moskau nach Islamabad

Mit öffentlichen Verkehrsmittlen unterwegs in Zentralasien

Moskau - Bishkek - Torugart - Kashgar

Nach einigen Wochen, die ich mit Vorbereitungen und der Visabeschaffung verbracht hatte, ging es am Samstag, 5. August 2000 los. Mit SR 490 flog ich von Zürich nach Moskau. Der internationale Flughafen scheint aus allen Nähten zu platzen, seit sich auch die Russen Auslandreisen leisten können und auch immer mehr Touristen Russland besuchen. Vor der Einreise war zuerst einmal die russische Variante von Schlangenstehen vor der Passkontrolle angesagt. Schubsend und drängelnd näherte man sich dem Schalter, immer darauf bedacht, kein Terrain an die "Konkurrenten" zu verlieren. Nach der Einreise fand ich in der Ankunftshalle den Vertreter des Reisebüros, welchen ich schon von meiner Transsibreise kannte. Dieser brachte mich ins ebenfalls wohlbekannte Hotel Belgrad, das in der Zwischenzeit jedoch von einem neuen Management geleitet wurde, was sich auch positiv auf die Servicequalität auswirkte. Der Agent übergab mir das vorgebuchte Ticket für die Zugfahrt nach Bishkek und wünschte mir eine gute Reise.

Mir blieb nun noch ein Tag Zeit, um Moskau wieder zu entdecken, da sich seit meinem letzten Besuch 1998 doch einiges verändert hatte. Als Verkehrsmittel bediente ich mich wiederum der Metro, die mich zu den verschiedenen Sehenswürdigkeiten brachte.

Am Sonntag machte ich mich dann wieder mit der Metro rechtzeitig zum kasachischen Bahnhof auf, damit ich meinen Zug auch finden würde. Die meisten Langdistanzzüge fahren am späten Abend ab, so dass einiges auf dem Bahnhof los war. Da ich wie gesagt ziemlich früh auf dem Bahnhof war, deponierte ich erstmals meinen Rucksack in der riesigen Gebäckaufbewahrung, welche sich in den Kellern des Bahnhofes befindet. Gegen eine kleine Gebühr gab es einen Jeton, mit dem man sein Gepäckstück bei Bedarf wieder abholen konnte. Der Bahnhof ist sehr gut mit Piktogrammen ausgeschildert, so dass ich mich auch ohne Russischkenntnisse gut zurechtfand. Als erstes kaufte ich Proviant für die doch fast fünftägige Reise ein. Danach blieb mir noch genügend Zeit um die vielen Leute aus allen Teilen der ehemaligen Sowjetunion zu beobachten.

Rund 20 Minuten vor der fahrplanmässigen Abfahrtszeit wurde der Zug Nr. 18 in den Bahnhof geschoben. Der bisher abgesperrte Perron wurde geöffnet und alle Passagiere drängten mit Sack und Pack zum Zug. Einige Händler hatten Gepäckträger angestellt, die sie ohne Warenverlust durch die Massen zu dirigieren versuchten.

Ohne grösseres Suchen fand ich mein Zweitklasseabteil, dass ich nun für die nächsten vier Tage mit meinen 3 Mitreisenden teilen würde. Nach dem ich mich im Zug befand fiel mir ein erster Stein vom Herzen. Jetzt hatte die Reise also begonnen!

In Sachen Sauberkeit konnte der Zug nicht mit der transsibirischen Eisenbahn konkurrenzieren. Die Wagen befanden sich in einem schlechten Zustand und hatten schon etliche Jahre auf dem Buckel. Der Zug verfügte über Wagen der zweiten und dritten Klasse, ausserdem gab es eine vierte Klasse (ich denke dies waren Stehplätze). Der Zug hatte einen Speisewagen mit einem sehr beschränkten Speiseangebot, welcher ausserdem als Gepäckwagen missbraucht wurde. Wie schon gesagt, befanden sich viele Händler unter den Reisenden, die irgendwelche Konsumgüter in die neuen Republiken brachten.

Die Mitreisenden waren freundlich. Wir konnten uns zwar kaum verständigen (einer der Zugbegleiter hatte in Ostdeutschland etwas Deutsch gelernt), die Leute in meinem Abteil teilten trotzdem brüderlich die getrockneten Fische, Gurken, etc. mit mir. Auch auf den Stationen konnte man immer wieder Proviant kaufen, so dass man absolut nicht hungern musste.

Die Reise ging zuerst durch Russland, danach durch Kasachstan. Vom Grenzübertritt merkte man nichts da keine Kontrollen stattfanden. Die Landschaft wurde nun immer eintöniger und das Klima immer heisser. Dies änderte sich erst wieder als der Zug sich Kirgistan näherte und die Landschaft hügeliger wurde.

Am Donnerstagmorgen dem 10. August traf ich dann in Bishkek ein. Wiederum war ich ziemlich nervös. Würde der Fahrer, der mich zu der rund 500 km entfernten Grenze bringen sollte, da sein? Jawohl, da stand doch tatsächlich ein junger Kirgise mit dem obligaten Namenspappschild. Ohne uns lange in Bishkek aufzuhalten machten wir uns auf den Weg nach Naryn, wo wir rechtzeitig zum Mittagessen eintrafen. Wir verbrachten den restlichen Tag und die anschliessende Nacht in einer Yurtensiedlung, welche eine Familie zu touristischen Zwecken aufgestellt hatte. Wir wurden gastfreundlich bewirtet und ich bekam von meinem Fahrer schon Mal die Zolldeklarationsformulare zum Ausfüllen für die morgige Grenzüberquerung.

Am nächsten Morgen ging es frühzeitig durch eine faszinierende Berglandschaft Richtung chinesischer Grenze weiter. Die rund 150 km bis zur Grenze legten wir ohne grössere Problem zurück. Die Strasse ist in einem ziemlich schlechten Zustand und so war es kein Wunder das wir nach einiger Zeit einen Platten hatten. Zum Glück war ein Reserverad vorhanden, so dass wir die Fahrt nach einem Radwechsel wieder aufnehmen konnten. Am Mittag erreichten wir nach dem Passieren einiger Checkposten den 3752 m hohen Torugart Pass. Nach dem Ausfüllen aller Zollformulare auf der kirgisischen Seite und dem Ueberprüfen aller Bewilligungen, fuhren wir weiter zum effektiven Grenzverlauf.
Von hier aus würde mich nun ein chinesischer Fahrer durch das Niemandsland zur chinesischen Grenze und nach Kashgar bringen. Die Zeit bis zum Eintreffen des neuen Fahrers verbrachten wir zusammen mit den jungen russischen Grenzsoldaten, die uns ihre Beobachtungsposten zeigten und mir die Funktionsweise der Kalaschnikow erklärten. Nachdem der russische Fahrer eingetroffen war, verabschiedete ich mich vom kirgisischen Fahrer und passierte den Triumphbogen, der das Niemandsland von Kirgistan trennt. Zuerst ging es nun zu einem ersten chinesischen Checkpoint, wo, nachdem der Wachwechsel stattgefunden hatte, eine penible Gepäckkontrolle (inklusive Toilettentäschchen) stattfand. Danach ging es vorbei an den salutierenden Soldaten weiter durch ein sehr trockenes und staubiges Tal mit riesigen Geröllfeldern. Nach rund 100 km durch Niemandsland erreichten wir schlussendlich die chinesische Grenzstation. Hier wurden nun die chinesischen Einreiseformalitäten erledigt und das Gepäck geröntgt. Nach weiteren 60 km hatte ich die berühmte Oasen- und Handelsstadt an der Seidenstrasse, Kashgar, erreicht.

Kashgar

Nachdem ich am Freitagabend in Kashgar eingetroffen war und das Hotel bezogen hatte, machte ich zuerst einen kleinen Erkundungsspaziergang im Zentrum. Nach der Rückkehr in meine Unterkunft versuchte ich hungrig etwas zu bestellen, was aufgrund meiner mangelnden Chinesischkenntnisse ziemlich schwierig war. Da die Speisekarte nur auf Chinesisch geschrieben war, konnte mir diese auch nicht weiterhelfen. So verpflegte ich mich dann jeweils auf den Märkten Kashgars, was aufgrund des grossen Angebots an Speisen nicht weiter schwierig war.
Kashgar ist nach wie vor ein grosser Markt und man fühlt sich oftmals ins Mittelalter zurückversetzt. Zwischen den von den Chinesen erbauten Hochhäusern finden sich plötzlich Quartiere, die sich in den letzten tausend Jahren nicht verändert zu haben scheinen. Ich schaute mir die Stadt mit ihren verschiedenen Facetten an, erholte mich im Stadtpark und besuchte die ziemlich deplaziert wirkende Mao-Statue. Ausserdem musste ich mich um den Weitertransport nach Pakistan kümmern. Ich machte mich also auf die Suche nach dem internationalen Busbahnhof, was wiederum nicht ganz einfach war. Ich fragte verschiedene Leute und erhielt auch ganz verschiedene Antworten. Trotzdem klappte es am Schluss. Ich fand das Ticketbüro und konnte für Montag einen Sitzplatz im Bus nach Sost buchen.

Sonntagsmarkt

Doch bevor ich mich auf die Weiterreise nach Pakistan machte, stand noch ein weiteres Highlight meiner Reise an. Der Sonntagsmarkt.

Ich machte mich frühzeitig auf die Socken und stürzte mich ins Menschengetümmel. Aus allen Richtungen kamen die Bauern und Händler mit ihren landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Tieren auf den Markt. Es wimmelte nur so von Lastwagen, Traktoren, Eselskarren, Fahrradfahrern und Fussgängern. Alle Leute schrieen "Bosch, Bosch", was soviel bedeutet wie lasst mich durch. Je mehr Zeit verstrich desto weniger Platz war auf dem Tiermarkt für die neuankommenden Marktfahrer vorhanden und es kam an einigen Orten auch zu kleinen Handgemengen zwischen den Händlern um die besten Plätze. Hauptsächlich wurden Schafe und Ziegen verkauft. Daneben hatte es jedoch auch Kälber, Kühe, Stiere, Pferde, Esel, etc.. Ausserdem gab es einen separaten Geflügel- und Vogelmarkt. Daneben wurden auch Gebrauchsgüter und Kleider angeboten und selbstverständlich kam das kulinarische Angebot nicht zu kurz, wobei ich auf einige Angebote wie kalten Schafskopf verzichtete. Auch zahnärztliche Behandlungen und Barbierservice wurden angeboten. Am späteren Nachmittag machte ich mich erschöpft von all den neuen Gerüchen und den vielen Eindrücken auf den Weg zurück in mein Hotel für eine letzte Nacht in Kashgar. Unbedingt die Fotos auf der nächsten Seite anschauen!

Kashgar - Tashkurgan - Kunjerabpass - Sost

Am Montagmorgen startete meine zweitätige Busreise via den 4730 m hohen Kunjerabpass nach Sost in Pakistan. Die Abreisezeit war im Ticket mit 10 Uhr angegeben. Da ich davon ausging, dass dies die offizielle Pekingzeit war, erschien ich dann zwei Stunden zu früh auf dem Busbahnhof. Der Bus fährt nicht mehr wie im Lonely Planet angegeben vom Chinig Bagh Hotel ab, sondern von einem neuen internationalen Busbahnhof etwas ausserhalb, Richtung Spital kurz nach der Brücke über den Fluss. Vor der Abfahrt wurden die Pässe eingesammelt und eine Passagierliste wurde erstellt. Nach dem Gepäckverlad ging es im Konvoi mit einem weiteren Bus los. Die Passagiere waren hauptsächlich Touristen, sowie einige pakistanische Händler. Zur Mittagszeit machten wir einen Stopp in einem kleinen Marktstädtchen. Nach rund 80 km durch ebenes Gebiet erreichten wir die Berge. Die nächsten 70 km ging es nun nur noch aufwärts über eine mal besser mal weniger gut ausgebaute Passstrasse. In Ghez, einem Kontrollposten, machten wir unseren nächsten Halt. Danach ging es in einem engen Tal weiter aufwärts. Nach einigen Stunden änderte sich das Landschaftsbild wieder dramatisch als wir eine Hochebene erreichten. Wir hatten eine wunderbare Aussicht auf die vielen Siebentausender und die Filme füllten sich schneller als erwünscht. Am Abend erreichten wir Kara Kul, einen wunderbar zwischen den Bergen gelegenen See. Von hier waren es nochmals etwa drei Stunden bis Tashkurgan, wo wir unseren Nachtstop einlegten, bevor es am nächsten Morgen weitergehen würde. Ich übernachtete für 2 USD im Icemountain Hotel, in einem Zimmer zusammen mit zwei weiteren Buspassagieren. Nach einem fröhlichen Abend ging es am nächsten Morgen um 8 Uhr weiter. Wir fuhren zum chinesischen Zollgebäude und stellten uns für die Zollformalitäten zusammen mit pakistanischen Händlern in eine lange Reihe. Rund drei Stunden später waren alle Formalitäten erledigt und der Bus konnte wieder beladen werden. Nun ging es zuerst weiter durch die Hochebene bevor die Steigung wieder zunahm. Am späten Nachmittag erreichten wir den 4730 m hohen Kunjerabpass, einen der höchsten Grenzübergänge der Welt. Jetzt ging es unter pakistanischer Polizeibegleitung wieder bergab, inzwischen auf der linken Strassenseite, Richtung Sost, wo wir am Abend eintrafen. Sost ist ein kleines Grenzstädtchen und besteht aus einigen Hotels und Restaurants sowie den Verwaltungsgebäuden. Nach der Erledigung der Zollformalitäten suchte ich mir ein Hotel.

Sost - Karimabad

Um 8.00 Uhr morgens ging es per Minibus weiter in Richtung Ganesh und Karimabad. Die Landschaft war noch immer eindrücklich und die Strasse schlängelte sich knapp an den Abgründen vorbei. Vor Mittag erreichte ich Ganesh. Von hier ging es per Jeep nach Karimabad. Nach einigen Tagen in günstigen Hotels ohne grossen Komfort gönnte ich mir den Aufenthalt in einem der besten Hotels am Ort. Karimabad ist die ehemalige Hauptstadt des Hunzareichs und das Fort des Mirs von Hunza thront noch immer über dem Dorf. Das Fort wurde in den letzten Jahren grundlegend restauriert und kann nun wieder besucht werden. Die Leute in Karimabad leben vor allem vom Anbau von Aprikosen und Aepfeln, welche sie auf ihren Hausdächern trocknen und die in ganz Asien bekannt sind. Karimabad besitzt ein ausgedehntes System von Wasserkanälen, welche das Wasser nach genau festgelegten Regeln im Dorf und auf den Feldern verteilen. So lassen sich auch kleine Wanderungen entlang der Kanäle unternehmen und man hat so die Möglichkeit mit der aufgeschlossenen Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Nicht umsonst meinen einige Leute, es handle sich beim Hunza-Valley um das verlorene Paradies.

Karimabad - Gilgit - Besham

Nach einigen Tagen erholsamen Aufenthalts in Karimabad ging es via Aliabad weiter nach Gilgit, dem Verwaltungszentrum der Region. Für die rund 100 km nach Gilgit benötigten wir infolge dreier Platten rund vier Stunden. In Gilgit gibt es nicht viele Sehenswürdigkeiten, dafür ist die Stadt ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Viele schön verzierte Lastwagen, welche sich gut als Fotomotive eignen. Ich kaufte mir ein Busticket nach Besham in Indus Kohistan, einem kleinen Ort, ziemlich genau zwischen Gilgit und Islamabad. Nun ging es also per Bus weiter in Richtung Besham. Auf der Strasse hatte der Verkehr zugenommen, die Strasse war jedoch nicht breiter geworden und auch die vielen Kurven und Abgründe waren noch vorhanden. Nach rund 12 Stunden erreichte der Bus Besham und ich war froh aussteigen zu können. Ich übernachtete also in Besham. An Schlaf war jedoch kaum zu denken, da jeder LKW über mindestens eine Hupe mit diversen Melodien verfügt, von der auch bei Nacht und innerorts ununterbrochen Gebrauch gemacht wird.

Besham - Abbotabad - Rawalpindi (Islamabad)

Am Morgen fuhr ich in einem bis auf den letzten Platz besetzten Minibus von Besham nach Manshera und danach nach Abbotabad. Abbotabad ist eine ehemalige Regimentsstadt und so sind noch einige Kolonialbauten der Briten erhalten geblieben. Ich machte einige Ausflüge in die umliegenden Hügel, welche gute Wandermöglichkeiten bieten, bevor es dann weiter nach Rawalpindi und Islamabad ging. Hier hatte ich wieder das Bedürfnis in einem schönen Hotel zu logieren und verbrachte danach die meiste Zeit meines Aufenthaltes dank Kreditkarte am und im Swimming Pool.

Der Endpunkt dieser sehr eindrücklichen Reise machte ein Inlandflug nach Karachi (Besonderes: Gebet vor dem Start, Ansage: "Inshallah we will land in a few minutes"), von wo es danach wieder zurück nach Zürich ging.

Highlight in Pakistan waren neben der faszinierenden Landschaft und den farbenfrohen Transportmitteln die freundlichen und wirklich sehr hilfsbereiten Leute. Die Einladung zum Tee als ich auf einer Bank meine Reiseschecks einlöste, ist mir noch gut in Erinnerung geblieben.


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Reiseroute

Reiseroute Dakar-Pfäffikon


 

 

Fotogalerie



Kasachische Steppe 
 


      




 
 





 

  

  



  

  




  



  















  

  


  


    

Truck     Pakistani Truck



 

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